Kurzer historischer Abriss

Gründungsfaktoren und -bedingungen  (...etwas mehr Text, muss sein.)

Gründungsväter der Magdeburger Urania


Kurzer historischer Abriss

URANIA

Das ist vor allem eine Idee - die Idee naturwissenschaftlicher und humanistischer Volksbildung.
Einer ihrer Mitbegründer - Alexander von Humboldt - wollte in seinen Berliner ,,Kosmos- Vorlesungen" 1828/29 wissenschaftliche Entdeckungen und technische Erfindungen jedermann zugänglich machen.

1888

Die Idee wurde zu einer Institution und bekam den Namen URANIA.
Wilhelm Foerster, Wilhelm Meyer und Werner von Siemens gründeten am 3. März 1888 die URANIA und bezogen sich dabei auf die Vorleistungen Alexander von Humboldts.

1894

Gründung der Magdeburger URANIA - der ersten breitenwirksamen Erwachsenenbildungsstätte der Stadt.
Die Magdeburger URANIA wurde damit die zweitälteste Einrichtung der URANIA- Bewegung innerhalb und außerhalb Deutschlands.

Erfolg

Er beflügelte die Idee und führte zu ihrer Verbreitung. Persönlichkeiten wie Thomas Edison, Max von Laue, Hermann Helmholtz, Albert Einstein, Manfred von Ardenne, Berta von Suttner und Thomas Mann traten an die Podien der URANIA und demonstrierten lebensnahe Wissensvermittlung. Europa - wurde von der Idee erfasst.
In Wien Zürich, Prag, Budapest, Graz, Strasbourg und Jena gründeten sich URANIA-Vereine und vermittelten Wissen ihrer Zeit, von der Astronomie über die Technik bis zur Zoologie und Psychologie.

1933

Die Idee der URANIA passte nicht in das Weltbild der Nationalsozialisten.

1954

Die Idee lebt und mit der Neugründung der URANIA - Gesellschaft in der Kleiststraße in Westberlin werden die humanistischen Traditionen nach dem Krieg fortgesetzt.
1954 - Gründung der ,,Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse" in der DDR. Sie erhielt 1966 den Namen URANIA und schlug damit eine Brücke zu ihren historischen Wurzeln.

Die Idee der URANIA lebt von der Neugier und dem Wissensdurst. Vermittlung von Naturerkenntnissen, Technik- und Technologieentwicklung. Erleben von Kultur und Kunst waren Ziele des Wirkens der URANIA in der DDR.
Die große Resonanz spiegelte sich bei den zahlreichen Besuchern von URANIA - Veranstaltungen, in den Publikationen sowie den Sendungen in Rundfunk und Fernsehen eindrucksvoll wider.

1989

Die traditionsreiche Idee der URANIA steht vor neuen Herausforderungen. Eine kritische Sicht geleisteter Arbeit und gesellschaftlicher Verantwortung geht einher mit tiefgreifenden Veränderungen und der Übernahme neuer zusätzlicher Aufgaben. Bildungsarbeit, Hilfe und Orientierung für die Menschen bei der Bewältigung der neuen Anforderungen nehmen einen bedeutenden Platz ein.

URANIA heute

Das sind über 40 Ortsvereine und 5 Landesverbände in den neuen Bundesländern, die als Bildungsträger öffentlich und gemeinnützig tätig sind.

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Gründungsfaktoren und -bedingungen

Der Übergang von der Hand- zur Maschinenproduktion sowie die erstmals dauerhaft und dann immer intensiver werdende Verbindung von wissenschaftlicher Theorie und werktätiger Praxis - das waren die grundlegend neuen Entwicklungsprozesse, die dem 19. Jahrhundert ihren Stempel aufdrückten.
Nie zuvor vollzogen sich so rasch umwälzende Veränderungen auf allen Gebieten des geistigen und praktischen Lebens.

In großem Umfang wurden die Resultate der ,,stillen Studierstube" immer mehr Menschen zugänglich gemacht und in den Dienst der Allgemeinheit gestellt. Für nachhaltiges öffentliches Aufsehen sorgten insbesondere spektakuläre, das Berufs- und Alltagsleben völlig umkrempelnde Neuerungen, wie z.B. das Aufkommen des Eisenbahnverkehrs (in Magdeburg ab 1839) sowie die Einführung der Gasbeleuchtung und der elektrischen Telegraphie (in Magdeburg Anfang der 50er Jahre). Das bekannt werden von immer mehr Entdeckungen und Erfindungen führte dazu, dass sich eine sprunghaft wachsende Zahl von Menschen für den zuvor ein Schattendasein fristenden Bereich von Wissenschaft und Technik zu interessieren begann.
Zu erfahren, wie in diesem geheimnisvollen Bereich gearbeitet wird, wie man zu Entdeckungen und Erfindungen kommt, welche neuen ungeahnten Möglichkeiten sich durch die breite praktische Anwendung wissenschaftlich-technischer Forschungsergebnisse eröffnen, weckte das Interesse von Menschen aus den verschiedensten Volksschichten an populär dargestellten Sachinformationen und Fakten.

Mehr noch, man wollte frühzeitig und erschöpfend wissen, wie man mit den im Alltagsleben im allgemeinen und im Berufsleben im besonderen umzugehen hat.
Es ist nicht übertrieben festzustellen, dass sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts erstmals ein vor allem ökonomisch, wissenschaftlich und kulturell motiviertes Bedürfnis entwickelte, sich umfassend und vielseitig über neue wissenschaftliche Erkenntnisse und ihren praktischen Nutzen zu informieren und das weit über einen relativ kleinen Kreis von Professionellen hinaus. Dem weitgehend gerecht zu werden, dazu bedurfte es der Suche und Schaffung von Möglichkeiten und Wegen zur öffentlichen Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse.
Der Anfang wurde dabei - in institutioneller Hinsicht - in Berlin, der deutschen Reichshauptstadt, gemacht.

Hier konstituierte sich am 03. März 1888 eine private Aktiengesellschaft, deren erklärter Zweck ,,die Verbreitung der Freude an der Naturerkenntnis" war. Mit dem für damalige Verhältnisse hohen Startkapital von 250.000 Mark konnte es sich die neue Gesellschaft leisten, ein eigenes Vereinsgebäude zu errichten. Bereits ein Jahr später, am 1. Juli 1889, wurde der beeindruckende Neubau eingeweiht und der neugierig gewordenen Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ms Hauptattraktionen erwiesen sich alsbald die astronomische, die physikalische und die mikroskopische Abteilung sowie das Wissenschaftliche Theater.

Die ungewöhnlich reichhaltig und großzügig ausgestattete astronomische Abteilung verkörperte die erste Volkssternwarte der WeIt. An ihr arbeitete u.a. Friedrich Simon Archenhold, der dann 1896 in Treptow die zweite Berliner Volkssternwarte gründete. Die physikalisch-mikroskopischen Abteilungen warteten mit einer revolutionären didaktischen Neuerung auf In ihren Räumen konnte man nicht nur sehenswerte Apparate und Instrumente aus Wissenschaft und Technik bestaunen, sondern der interessierte Besucher wurde sogar direkt aufgefordert, sich auch mit deren Funktionsweise vertraut zu machen und an Hand beigefügter Anweisungen selbst zu experimentieren. Prominente Wissenschaftler wie der Nobelpreisträger Max von Laue und der Erfinder Manfred von Ardenne bekannten, dass sie durch die Urania-Experimente nachhaltig in ihrer Entscheidung beeinflusst wurden, sich beruflich den Naturwissenschaften zu widmen. Die Science-Museen in aller Welt sowie das Deutsche Museum in München, nutzen auch heute noch das mehr denn je Aktualität besitzende alte Urania-Prinzip der experimentellen Selbstbetätigung der Besucher.

Den mit Abstand stärksten Andrang fanden jedoch die ,,dekorativ ausgestatteten Vorträge" in dem 400 Plätze fassenden Wissenschaftlichen Theater.
Diese von dem Urania-Direktor Max Wilhelm Meyer kreierte, auf größtmögliche Anschaulichkeit abziehende völlig neuartige Form der Volksbelehrung verfolgte den Zweck, ,,unabhängig von den Launen des Wetters und den Bildungsgang des einzelnen ... die Wissenschaft in möglichst leichtfasslicher und anregender Form, gewissermaßen spielend" zu vermitteln.
Bereits im ersten Geschäftsjahr registrierte die Urania mehr als 98 000 Besucher, 6 Jahre später waren es schon über 178 000, und die Urania konnte es sich deshalb 1895/96 leisten, ein zweites, mehr im Stadtzentrum gelegenes Vereinsgebäude zu errichten. Bei einem derartig sensationellen Dauererfolg konnte es nicht ausbleiben, dass die neuartige Berliner Volksbildungseinrichtung zahlreiche Nachahmung im In- und Ausland fand. So wurden Urania-Vereine in Hamburg, Kassel, Jena, Chemnitz, Prag, Budapest, Graz und in Wien gegründet.

Die erste Stadt allerdings, die das inspirierende Berliner Vorbild aufgriff war Magdeburg.
Hier wurde die erste außerhalb Berlins gegründete Urania aus der Taufe gehoben. Maßgebend dabei war eine Reihe von günstigen Gründungsfaktoren und -bedingungen. So erwies sich die relative Nähe zu Berlin als recht förderlich. Eine Reihe von Magdeburgern hat bestimmt sehr bald die neuartige Volksakademie der Natur- und Technikwissenschaften persönlich in Augenschein genommen. Bei ihrer Rückkehr berichteten sie sicherlich begeistert über die nicht nur angesehenen, sondern über die buchstäblich erlebten Attraktionen, die nirgendwo sonst auf der Welt anzutreffen waren. In Magdeburg entstand durch diese ,,Flüsterpropaganda" und durch Pressemitteilungen allmählich der Wunsch, die Berliner Urania zu Gastvorträgen einzuladen.
Als Veranstaltungsort wurde die größte Räumlichkeit der Stadt, der große Saal der „Freundschaft", genutzt. Die ,,interessanten und klaren", mit ,,charakteristischen Illustrationen" versehenen Urania-Vorträge fanden ,,reichen Beifall". Nach 1893 war die Berliner Volksakademie nochmals am 23. und 24. Oktober 1894 mit den beiden Bildvorträgen ,,Eine Amerikafahrt" und ,,Luftschifffahrt und freier Flug des Menschen" zu Gast.
Daneben traten aber auch noch andere auswärtige Vortragsreisende in Magdeburg auf So hielt z.B. der Wanderlehrer Kemper am 2. November 1894 einen ,,Vortrag über Astronomie", erläutert durch Experimente mittels Drumond'schen Kaltlichts. Die sich häufenden Gastvorträge bezeugen, dass in Magdeburg eine wachsende Nachfrage nach allgemeinverständlichen Mitteilungen über wissenschaftlich-technische Neuerungen zu verzeichnen war. Zwar besaß die Stadt keine Universität oder Hochschule, aber das damals weit verbreitete abschätzige Urteil, ,,Magdeburg fehle die geistige Atmosphäre" und auf der Stadt laste in wissenschaftlich-kultureller Hinsicht das ,,Odium eines abgelegenen Ortes", entsprach in dieser Absolutheit keinesfalls der historischen Realität.
So konnte Magdeburg in den 90er Jahren 24 höhere und mittlere Bildungseinrichtungen vorweisen, darunter drei altehrwürdige Gymnasien (,,Dom" - ,,Kloster Unserer Lieben Frauen" - und ,,König-Wilhelm"-Gymnasium), ein naturwissenschaftlich orientiertes Realgymnasium, eine Oberrealschule mit Realgymnasium (Guericke-Schule), ein Reform-Realgymnasium, eine Realschule sowie fünf Gewerbeschulen (Kunstgewerbe- und Handwerkerschule, Baugewerk-, Maschinenbau-, Gewerbliche Fortbildungs- sowie Kaufmännische Fortbildungsschule). Insgesamt 784 wissenschaftliche Lehrkräfte, davon 88 mit Universitätsabschluss, wirkten an diesen 24 Unterrichtsanstalten.

Daneben besaß Magdeburg noch eine große Stadtbibliothek mit rund 30 000 Bänden, eine von der Magdeburgischen Zeitung, der ältesten deutschen Zeitung, eingerichtete Wetterwarte, die gleichzeitig als Dienststelle des öffentlichen Wetterdienstes fungierte, die 1895 der Stadt übereignete, ,,wahrhaft fürstliche Pflanzensammlung" des Fabrikbesitzers Hermann Gruson, welche den Grundstock der alsbald danach errichteten Städtischen Gruson-Gewächshäuser bildete, sowie ein am 1. November 1893 eröffnetes Städtisches Museum für Natur- und Heimatkunde. In ihm befanden sich u.a. die bereits lange zuvor angelegten naturwissenschaftlichen Sammlungen der Stadt und eine prähistorische Sammlung
Äußerst regsam war auch das Vereinsleben in Magdeburg. So wurden im Adressbuch für das Jahr 1894 sage und schreibe 370 (!) Vereine für Handel, Gewerbe, Wissenschaft, Musik und geistige Unterhaltung aufgeführt, davon 83 für Kunst und Wissenschaft.
Unter ihnen besaßen vor allem der Verein für Erdkunde, die Freie wissenschaftliche Vereinigung der Techniker, der Botanische, der Wissenschaftliche und der Naturwissenschaftliche Verein eine naturwissenschaftlich-technische Ausrichtung.
Für die Gründung der Urania war schließlich ebenfalls von Bedeutung, dass sich die allgemeinen wirtschaftlichen, infrastrukturellen und sozialdemographischen Rahmenbedingungen besserten, wenngleich in einem höchst widersprüchlichen, von Krisen belasteten Entwicklungsprozess. Magdeburg - seit langem schon eines der bedeutendsten Verkehrs- und Handelszentren Mittel- und Norddeutschlands - vollzog ab den 70er Jahren den Sprung zur Industriegroßstadt Neben den traditionellen Kleinbetrieben in der Handels-, Dienstleistungs-, Nahrungs- und Genussmittelbranche prägten zunehmend die auf gebildete und entsprechend gut bezahlte Fachkräfte angewiesenen Maschinenbau- und Metallverarbeitungsbetriebe das wirtschaftliche Gesicht der Stadt.
Mit der zügigen Industrialisierung einher ging eine rapide Zunahme der Bevölkerung. Innerhalb eines Vierteljahrhunderts verdoppelte sie sich nahezu auf rund 214 000 Einwohner im Jahre 1895!
Diese günstige demographische Entwicklung als auch die vorgenannten, sich wechselseitig beeinflussenden wirtschaftlich-technischen sowie wissenschaftlich-kulturellen Standortbedingungen schufen in ihrer Gesamtheit eine Konstellation, die die Gründung einer lebensfähigen Urania in den 90er Jahren in Magdeburg möglich machten, wenn auch nicht zwangsläufig determinierten.
Um auf der keimhaft angelegten potentiellen Chance einen realen Verein entstehen zu lassen, dazu bedurfte es der Initiative und des kollektiven Zusammenwirkens von begeisterten Anhängern und einflussreichen Gönnern der Wissenschaftspopularisierung.
Diese, neben der sachlich-objektiven, unabdingbare komplementäre subjektive Gründungskonstellation war in Magdeburg glücklicherweise ebenfalls gegeben.
Der Blick auf die ersten Vorstandsmitglieder zeigt, welchen verdienstvollen Persönlichkeiten die Stadt die Konstituierung des Urania-Vereins zu danken hat.

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Die Gründungsväter der Magdeburger Urania

Da ist zunächst Arthur Haese, Lehrer an der Maschinenbauschule, zu nennen. Noch nicht einmal 29 Jahre alt, ragte er auf der Gründungsversammlung dadurch heraus, dass es ihm oblag zu begründen ,,wie viel ein solcher Verein durch Vorträge, verbunden mit einschlägigen Experimenten zur Hebung der Volksbildung beitragen könne". Haese fühlte sich offenbar dem öffentlichen Gemeinwohl besonders verpflichtet, denn 1897 ließ er sich im Alter von erst 31 Jahren zum Stadtverordneten wählen. Der Lehrer Conrad Schröder vermutlich tätig an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule, und Wilhelm Grützmacher, Astronom der Magdeburgischen Zeitung, waren -höchstwahrscheinlich - die anderen beiden treibenden Kräfte im Gründungsprozess. Von ihrer Idee besessen, fanden die drei Männer sehr bald entscheidende Unterstützung bei einflussreichen Persönlichkeiten der Stadt.

Aus dem schulischen Bereich kam Hilfe von:

- Prof. Dr. Ludwig Blath, Oberlehrer am Dom-Gymnasium und Vorsitzender des Naturwissenschaftlichen Vereins,

- Prof. Dr. Otto Isensee, Direktor der Guericke-Schule und

- Prof. Dr. Emil Reidemeister, Oberlehrer an derselben als Oberrealschule und Realgymnasium fungierenden Unterrichtsanstalt.

Aus dem kommunalen Behörden-Bereich engagierten sich:

- der Stadtrat Johann Joseph Otto Duvigneau, Vorsitzender des nationalliberalen Vereins und des Kunstgewerbe-Vereins,

- der Stadtschulrat Emil Platen und

- der Oberbürgermeister Friedrich Bötticher, Vorstandsvorsitzender des Magdeburger Kunst-Vereins und eine ,,anregende Persönlichkeit", die ,,Alle Zeit ein opferwilliges Herz" besaß, wenn es sich um ,,Einrichtungen der allgemeinen Wohlfahrt, um Unterstützung wissenschaftlicher Bestrebungen handelte".

Aus dem privaten Wirtschaftsbereich schließlich gaben fördernde Hilfe:

- der Millionär und Inhaber der 1786 gegründeten, international bekannten Kakao-, Schokoladen- und Biskuitfirma Johann Gottlieb Hauswaldt,

- Kommerzienrat Dr. Hans Hauswaldt. Hauswaldt war Besitzer einer der größten numismatischen Privatsammlungen Deutschlands. Er betrieb zudem naturwissenschaftlich-technische Studien, so u.a. auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen und der Molekularphysik. Bereits auf der Gründungsversammlung stellte er der Urania ,,eine größere Anzahl von Apparaten" zur Verfügung

- der Uhrmacher und Kaufmann der Fa. Boré & Berger, Willy Berger, sowie

- der Rentier Hermann Schäfer.

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