Die neuere Lotto Gewinnklasse Zweier plus Superzahl regt möglicherweise Lottofreunde zu folgender mathematischer Fragestellung an: Wieviele Tipps
und welche genau, benötigt man, um garantiert zwei Richtige zu
erzielen?
Bevor wir darauf eingehen, zuerst eine kurze Einführung
in die Theorie kombinatorischer Designs.
Lotto Designs sind eine Verallgemeinerung der t-Designs bzw. Blockpläne, die wir als bekannt voraussetzen. Als Zwischenschritt definieren wir eine andere Verallgemeinerung des t-Designs,
nämlich das Covering Design in
Anlehnung an [2] wie folgt:
Es sei . Ein t-(v,k, ) Covering Design
ist ein Paar (V, ) mit V als eine Menge von v Elementen
(den Punkten) und einem Mengensystem von k-Untermengen von V
(den sogenannten Blöcken) mit folgender Eigenschaft: Jede der insgesamt
t-Untermengen von V muss in mindestens Blöcken
enthalten sein. Die minimale Blockzahl
bezeichnet
die kleinstmögliche Zahl solcher Blöcke.
Beispiel 1: Die Lotto Teil-Systeme 9/12 und 10/15 für 6aus49 und 6aus45 sind keine 3-Designs, sondern nur 2-Designs nämlich ein 2-(9,6,5) Design bzw. BIBD(9,12,8,6,5) und ein 2-(10,6,5) Design bzw. BIBD(10,15,9,6,5). Sie sind aber zusätzlich auch 3-(9,6,2) und 3-(10,6,2) Covering Designs! Sicher ist hier
und
. Ob sogar Gleichheit gilt, ist dem Autor nicht bekannt.
Beispiel 2: Wir betrachten das 3-(8,6,1)-Covering Design, bzw.
wegen kürzer geschrieben das (8,6,3)-Covering Design, mit den
Blöcken:
Man teile die 8-Menge in {1,2,3,4,5,6} und {7,8} auf. Der erste Block ist
klar. Die restlichen Blöcke werden benötigt, um alle restlichen Dreier {x,y,7}, {x,y,8}, {x,7,8} zu erhalten.
Weniger als vier Blöcke reichen dazu nicht aus, da die Blöcke
mindestens 4 Elemente gemeinsam haben. Man deshalb mit 3 Blöcken nicht mal der 56 Dreier überdecken kann.
Weiter ist , denn z.B. ist nur einmal vertreten.
Also ist die minimale Blockzahl (8,6,3) =C(8,6,3)=4 .
Kommen wir jetzt zur Definition des Lotto Designs:
Es sei
.
Ein t-(v,k,p, generalisiertes Covering Design
(engl. general cover) ist ein Tripel (V,
) mit V als
Menge mit v Elementen, als Mengensystem aller
p-Untermengen von V und einem Mengensystem von k-Untermengen von V (den sogenannten Blöcken) mit folgender Eigenschaft: Jede p-Untermenge P aus
hat mit mindestens Blöcken wenigstens t Elemente
gemein. Ist spricht man vom (v,k,p,t)-Lotto Design. Die
minimale Blockzahl bezeichnet die kleinstmögliche Blockzahl des Lotto Designs.
Bevor wir uns ein Beispiel ansehen, beweisen wir folgenden Satz:
Satz 1: Es sei und , dann gilt:
Beweis:
Jede p-elementige Untermenge P von
, ist eindeutig in
eine Teilmenge von und von zerlegbar.
Dann liegen aber entweder
Elemente oder mehr in oder andernfalls mindestens Elemente in
. Also gibt es entweder einen Block des -Lotto Designs oder
des -Lotto Designs, der mit entsprechender Teilmenge von P
mindestens t Elemente gemeinsam haben muss.
Beispiel 3: Mit diesem Satz erzeugen wir ein (16,6,5,3)-Lotto Design1 :
Zunächst ist zu bemerken, das (v,k,t,t) Lotto Design ist nichts anders als ein
(v,k,t) Covering Design! Mittels Beispiel 2 ist dann auch klar, wie man die
8 Blöcke gewinnt. Nach [2] ist interessanterweise L(16,6,5,3)=7 oder
8 und damit noch eine offene Frage! Ist die minimale Blockzahl noch unbekannt
oder verschieden von der Blockzahl, sollte die Blockzahl mitangegeben werden.
Etwa so: (16,6,5,3,=8) Lotto Design, 3-(9,6,2,=12) Covering Design.
Anwendung auf Lotto-Systeme
Dazu werden die speziellen
Lotto Designs vom Typ (45,6,6,2) und (50,6,6,2) näher untersucht.
Um deren minimalen Blockzahlen nach Oben abschätzen zu können, verwenden wir
folgenden Satz:
Satz 2:
Beweis: Wir zerlegen die Menge
in lauter disjunkte Teilmengen mit Elementen. Wählt man eine beliebige
p-Untermenge aus, muss - wegen dem Schubfachprinzip - mindestens ein zwei Elemente enthalten.
ist gerade die kleinste Anzahl von k-Blöcken, um alle Zweier von
mindestens einmal zu überdecken. Da jedes dafür infrage kommt,
folgt daraus die gesuchte Abschätzung.
Um die oberen Schranken berechnen zu können, greifen wir auf die Tabelle der minimalen Blockzahlen enthalten
in [2] zurück. Auszugsweise sind nur die von uns benötigten C(v,6,2)
für v=6..22 hier wiedergegeben. Die Tabelle lautet:
v |
6 |
7 |
8 |
9 |
10 |
11 |
12 |
13 |
14 |
15 |
16 |
17 |
18 |
19 |
20 |
21 |
22 |
C(v,6,2) |
1 |
3 |
3 |
3 |
4 |
6 |
6 |
7 |
7 |
10 |
10 |
12 |
12 |
15 |
16 |
17 |
19 |
Die Berechnung führt man am besten mit einem CAS wie z.B. MAPLE durch. Die Partitionen von stehen dort auf Kommando bereit und können mit dem select-Kommando auf solche, die aus genau p-1 Summanden bestehen
und deren Summanden
eine Maximalgröße (hier 22) nicht überschreiten, eingeschränkt werden.
Eine Maximalgröße ist deshalb möglich, weil die mit kleineren Summanden
bereits berechneten Schranken 15 und 19 dann offenbar nicht mehr unterboten
werden können. Die minimalen Blockzahlen sind nämlich mit zunehmenden
stets monoton nichtfallend. Das CAS liefert als kleinste obere
Schranken:
L(45,6,6,2) 15=C(9,6,2)+ C(9,6,2)+C(9,6,2)+C(9,6,2)+C(9,6,2),
L(50,6,6,2) 19=C(9,6,2)+ C(9,6,2)+C(9,6,2)+C(9,6,2)+C(14,6,2)
Wenn nun diese Schranken sogar gleich den minimalen Blockzahlen wären, und nicht größer, hätten wir die Blöcke-Konstruktion der Lotto Designs auf kleinere Covering Designs zurückgeführt!
Dies ist tatsächlich der Fall. Die minimalen Blockzahlen L(45,6,6,2)=15 sowie L(50,6,6,2)=L(49,6,6,2)=19 (!!) werden im Artikel von BATE und VAN REES
[1] bewiesen.
Theorem: Auszugsweise entnommen aus [2]:
Die Werte von C(v,k,2) sind bekannt in folgenden Fällen:
1. C(v,k,2) = 3 für 1 < v / k 3 / 2 ...
5. C(v,k,2) = 7 für 2 < v / k 7 / 3, außer wenn 3 v = 7 k - 1
Wir benötigen demnach ein Methode die es erlaubt, aus den 3 Blöcken des (3,2,2) Covering Designs die
3 Blöcke des (9,6,2) Covering Designs und aus den 7 Blöcken des (7,3,2) Covering Designs die 7 Blöcke des (14,6,2) Covering Designs zu ermitteln!
Die Erweiterungsmethode
Diese Methode wird im Artikel von GORDON, KUPERBERG und PATASHNIK
[3]
erwähnt. Wir betrachten zunächst die folgende Block-Konstruktion eines
-Covering Designs aus d Kopien eines (v,k,2)-Covering Designs :
Jedem Block
des (v,k,2)-Covering Designs ordnen wir vermöge Abbildung:
genau d Blöcke zu, wobei für die
d-1 hinzukommenden Blöcke
gelten soll. Alle so gebildeten Blöcke
enthalten, zusammengenommen, genau verschiedene Elemente.
Anschließend
vereinigen wir die d-Tupel der eingeführten Blöcke zu einem einzigen neuen
Block mit jeweils genau Elementen.
Wir erhalten so ein Blocksystem mit offenbar
ebensovielen Blöcken wie das Ausgangsdesign. Die Konstruktion beschreibt
letztlich nichts anderes als die Ersetzung eines jeden Elements im Block des
Ausgangsdesigns durch wohlbestimmte d neue Elemente, welche zusammen dann den neuen Block bilden.
Wir beweisen, dass die Überdeckungseigenschaft für die neuen Blöcke erhalten bleibt!
Satz 3: Es sei d,v 2. Das durch d-fache Ersetzung aus dem (v,k,2)-Covering Designs konstruierte neue Blocksystem, enthält alle Paare aus
Elementen, ist also ein -Covering Design.2
Beweis: Wir haben da zum Einen, die durch d-fache Ersetzung jedes Ausgangselementes bedingten neu hinzukommenden Paare, also
insgesamt
weitere neue Paare im neuen Blocksystem. Zum
Anderen kommen an Stelle von jedem Paar im Block des Ausgangsdesign, jetzt weitere neue Paare im neuen Block hinzu, also ingesamt
weitere neue Paare. Das ergibt folgende Anzahl verschiedener Paare:
Jedes denkbare Paar gebildet, aus den Elementen des neuen Blocksystems, ist damit in mindestens einem der neuen Blöcke enthalten.
Folgerung1: Sei und
(oder: v / k = v' / k'), dann gilt
.
Folgerung2: Aus Symmetriegründen folgt Identität:
Beispiel 4: Wegen
ist das (25,3,2)-Covering Design sogar ein Steiner-Tripelsystem mit
und b =
Blöcken. Mit Erweiterungsfaktor d=2 erhalten
wir daraus ein (50,6,2,=100)-Covering Design. Es ist also einerseits
C(50,6,2)=L(50,6,2,2) 100
andererseits aber L(50,6,6,2)=19. Ersteres überdeckt alle "Zweier", letzteres nur mindestens einen der "Zweier" eines beliebigen 6-Tupels.
Blöcke für (45,6,6,2) und (50,6,6,2) Lotto Designs
Mit der Erweiterungsmethode konstruiert man nun leicht, aus dem
(3,2,2)-Covering Design (einem trivialen Steiner-System, darstellbar durch
ein Dreieck):
mittels Erweiterungsfaktor d=3, ein (9,6,2)-Covering Design :
und aus dem (7,3,2)-Covering Design (einem Steiner-Tripelsystem, darstellbar
durch eine FANO-Ebene):
mittels Erweiterungsfaktor d=2, ein (14,6,2)-Covering Design :
Aus
und
tatsächlich eine der vielen
möglichen Varianten von Tippsystemen mit garantiert 2 Richtigen, für
Auswahlwette 6aus45 und Lotto 6aus49, zu entwickeln,
ist jetzt nicht mehr schwer. Die überschüssige Zahl 50 sollte dabei durch eine
beliebige der Zahlen von ersetzt werden.
Natürlich kann man alternativ, die Blöcke zum (9,6,2) und (14,6,2) Covering Design auch über die Website von LA JOLLA :
http://www.ccrwest.org/cover/table.html oder gleich das (49,6,6,2) Lotto Design über die
Website :
http://www.weefs-lottosysteme.de direkt entnehmen. Wer hingegen ein eigenes Lottodesign erwägt, schaue mal vorbei unter:
http://lottoarchitect.anastasios-tampakis.net
Abschließend noch eine Warnung vor einem Trugschluss, der so lautet:
Mit dem hier abgeleiteten Tippsystem hat man ja garantiert 2 Richtige. Also
braucht es nur noch einen - mit bedingter Wahrscheinlichkeit - eintretenden
dritten Treffer zum Gewinn!. Leider ist das falsch, denn 2 Richtige
sind erst nach der Ziehung der 6.ten Gewinnzahl garantiert. Weitere Richtige kann es danach aber nicht mehr geben - ausgenommen die Superzahl natuerlich. Die dafür ebenfalls infrage kommende Zusatzzahl von 6aus45, führt hingegen allein noch nicht zum Gewinn.
In Hinblick auf die mittlere Gewinnerwartung, bringen
Systemspiele keinerlei Vorteile gegenüber gleichvielen
zufälligen
Einzeltipps. Anders sieht es dagegen mit der Wahrscheinlichkeit überhaupt etwas zu gewinnen aus. Bei Wahl eines der offiziellen Lotto-Systemspiele, ist die Gewinnchance sogar signifikant schlechter! Aber auch bei den hier betrachteten Lotto Designs von 6aus45 und 6aus49 ist sie oft nur vergleichbar mit der gleichvieler Zufallstipps!
Erstfassung im Februar 2013
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